Johanniskraut, Hypericum perforatum

Johanniskraut ist zur Arzneipflanze des Jahres 2015 gewählt worden.

Johanniskraut gehört zu den Hartheugewächse (Hypericaceae). Die Familie der Hartheugewächse besteht aus drei Gattungen und umfasst weltweit etwa 400 Arten. In Deutschland ist nur die Gattung Hypericum mit 9 Arten heimisch. Von diesen 9 Arten wird nur eine arzneilich verwendet, das Echte Johanniskraut.

Da es in Indien unbekannt ist, gibt es keine āyurvedische Einteilung, folgende erscheint mir aber logisch:

  • Rasa: bitter, süß
  • Guņa: ölig, trocken, leicht, heiß
  • Vīrya: śīta
  • Vipāka: madhura
  • Doşa: PV-
  • Prabhava: medhya

Johanniskraut hat sehr viele volkstümliche Namen: Blutkraut, Hartheu, Jesuswundenkraut, Johannisblut, Konradskraut, Wundkraut, Jageteufel, Tausendloch, Teufelflucht, Kranzkraut, Hexenkraut, Donnerkraut, Blitzkraut, Herrgottsblutstropfen, Jesusträne, Maria Bettstroh, Liebeskraut, Bubentreu, Alfblut, Argwunderkraut, Bettstroh, Blutgras, Blutroter Blütensaft, Blutreinigungskraut, Blutstropfen, Brustkraut, Buttergras, Christenblut, Christianskraut, Christi Kreuzblut, Dämonenflucht, Elfenblutkraut, Färberkraut, Fegfeuer, Feuerkraut, Fieberkraut, Frauengliester, Frauenkraut, Frauenkraut der Mutter Gottes, Gelber Karfunkel, Gottes Gnadenkraut, Hannskraut, Hartenau, Hartfuder, Heilpflanze, Herrgottsblut, Herrgottsherztropfen, Herrgottskraut, Herrgottsnägelchen, Herrgottstränen, Jagemichel, Jageteufel, Jesuswundenkraut, Johannesbettstroh, Johannesblume, Johannisblut, Johannishartheu, Johannisschweiß, Johanniswurz, Kälberkraut, Königskrone, Kranzkraut, Kreuzchristikraut, Kuhblume, Leibwehblume, Löcherkraut, Mannskraft, Mannskraut, Muttergottesblut, Muttergotteskraut, Mutterkraut, Namenkraut, Ölblume, Siebenundsiebziglöcherkraut, Sonnenwendkraut, Sonnenwurz, Spitzenkraut, Schätzleinkraut, Scharnokelkraut, Schnapsblume, Stierkraut, Tausendlochkraut, Teufelsbanner, Teufelsflucht, Teufelskraut, Teufelsraub, Tüpfelhartheu, Tüpfeljohanniskraut, Unser Frauenwurz, Unserer lieben Frau Gras, Unsere Frauen Bettstroh, Unser Frauen Kraut, Unser Herrn Gottes Wundkraut, Waldhopfen, Walpurgiskraut, Wilde Gartheil, Wilder Magram, Windkraut

Am 21. Juni ist Sommersonnenwende, an diesem Tag beginnt das Johanniskraut zu blühen und sollte auch an diesem Tag gesammelt werden. Im Rahmen der Christianisierung wurden die heidnischen Feste verändert. Die Sommersonnenwende konnte nicht abgeschafft werden, so wurde der „heilige Tag einfach um 3 Tage verschoben. Am 24. Juni ist Johannistag (Johannes dem Täufer geweiht).

Am 21. Juni sind der längste Tag und die kürzeste Nacht. Die Kraft der Sonne hat den höchsten Punkte erreicht, steht aber auch am Wendepunkt, denn ab diesem Tag nimmt ihre Kraft ab bis zur Wintersonnenwende. Mythologisch kann dies mit Baldur, dem Gott des Lichtes in Verbindung gebracht werden. Er wird von seinem eigenen Bruder, dem blinden Gott der Zeit (Hödur) tödlich verletzt. Daher konnte im Rahmen der Christianisierung einfach der heilige Johannis, der an diesem Tag geköpft wurde, eingesetzt werden.

Zerreibt man die Blüten zwischen den Händen, wird ein roter Saft, das sogenannte Johannisblut, freigesetzt. Werden die Blätter gegen Licht gehalten, sind helle Tupfen, durch die das Licht scheint, zu erkennen. Es handelt sich um Ölbehälter, in denen dünnflüssiges ätherisches Öl gespeichert wird.

Der Wurzelstock ist holzig und verästelt. Der Stängel ist stielrund, mit Mark gefüllt, mit zwei erhabenen, herablaufenden Leisten. Dadurch hat man beim Betasten den Eindruck, als sei der Stängel zweikantig. Die markgefüllten Stängel sind extrem hart, es macht das Heu hart (Hartheu).

Inhaltsstoffe

ätherisches Öl, 6–15 % Gerbstoffe vom Catechintyp (6-15%), Flavonoide (2-4 %), Naphthodianthrone (Hypericin (0,1-0,3 %)), Procyanidine (6-15 %), Phloroglucinderivate (darunter Hyperforin 2-4 %), Anthrachinonderivate, Xanthone,, Biflavonoide.

Hyperforin ist als instabile Substanz nur sehr kurz in mit anorganischen oder organischen Lösungsmitteln oder deren Gemischen hergestellten Extrakten haltbar.

Kommission E: positiv Monographie für leichte bis mittelschwere depressive Verstimmungszustände, psychovegetative Störungen, Angstzustände, dyspeptische Beschwerden (ölige Zubereitungen innerlich), Behandlung und Nachbehandlung von scharfen und stumpfen Verletzungen, Verbrennungen 1. Grades, Behandlung und Nachbehandlung von Myalgien


Wirkungen

stimmungsaufhellend, desinfizierend, blutreinigend, antidiarrhoeisch, schmerzstillend, antiphlogistisch (ölige Zubereitung), wundheilungsfördernd, durchblutungsfördernd, antibakteriell (Hyperforin), Erniedrigung einer erhöhten Körpertemperatur, die emotional oder durch Stress bedingt ist (Tierversuch), antiviral (Hypericin).

Indikationen

depressive Verstimmung (leichte bis mittelschwere depressive Episoden), psychovegetative Störungen, nervöse Unruhe, Winterdepression, Nervenpflanze, Schmerzzustände, Verbrennungen, Zerrungen, Gürtelrose, auch in offene Wunden, nervöse Erschöpfungszustände, geistige Erschöpfung, nervöse Magen-Darm- und Gallebeschwerden, Angstzustände, Wechseljahrsbeschwerden, Wundrandpflege, Narbenpflege, M. Crohn, Colitis ulcerosa, Bettnässen, Hexenschuss, Rheuma, Schlafstörungen, Myalgien, Neuralgien.

Nebenwirkungen

andere Medikamente werden durch Johanniskraut schneller abgebaut (Ciclosporin, Marcumar), evtl. erhöhte Lichtempfindlichkeit (nur wenn mindestens 1200 mg Extrakt, hellhäutiger Mensch, direktes Sonnenbad). Selbst in höheren Dosen nicht toxisch.

Zum Johanniskraut gibt es sehr viele Legenden, hier nur einzelne davon:

Wie das Johanniskraut zu seinem roten Saft kam:

In der Zeit, als im Johanniskraut noch kein rotes Blut floss, ging ein Jäger in den Wald, um zu jagen. Hinter einem Baum versteckt, sah er auf einer Lichtung einen stattlichen Hirsch äsen. Er zog seinen Pfeil und schoss. Doch das Tier war schneller und entkam. Der Pfeil traf jedoch eine Elfe. Sie wurde am Bein verletzt und floh in die Lüfte. Ihr Blut tropfte dabei auf die gelben Blumen unter ihr. Seit dieser Zeit fließt im Johanniskraut das rote Elfenblut und verbreitet seinen heilenden Segen.

Der Legende nach, hat der Teufel die Löcher (Sekretbehälter) in den Blättern zu verantworten. Er sei in Zorn darüber geraten, dass die Menschen ihre Depressionen, die sie ihm viel leichter zugänglich gemacht hätten, mit diesem Kraut heilen konnten. So habe er vor lauter Wut mit einer Nadel lauter Löcher in die Blätter gestochen.


Wissenschaftliche Studien

Johanniskraut ist wissenschaftlich sehr gut untersucht, so lassen sich die Wirkungen herleiten und beweisen:

Es sorgt für eine Reuptake Hemmung von Serotonin und Noradrenalin, jedoch keine Blockade der M1 Rezeptoren (Acetylcholin Rezeptoren) und H1 Rezeptoren (H1-Histamin-Rezeptoren). Es wirkt nicht anticholinerg oder sedierend, wie andere Antidepressiva. Allerdings dopaminerg, dies erhöht die Vigilanz und das Denkvermögen. Zusätzlich wirkt es antioxidativ und bildet einen Schutz für die Hirnzellen durch Reduktion des oxidativen Stresses.

An der Postsynapse führt Johanniskraut zu einer „up“ Regulation der 5-HT1A (anxiolytisch) und 5-HT2A (katecholaminfreisetzend) – Rezeptoren, was die anxiolytische wie die vigilazsteigernde Wirkung erklärt.

Die Neurotransmitterkonzentration (Serotonin, Noradrenalin, Dopamin, GABA, L-Glutamat) in den Synapsen steigt an und die Reizübertragung wird verbessert, da klassische Abschaltwege wie der enzymatische Abbau der Neurotransmitter oder die Wiederaufnahme aus dem Spalt in die Synapse gehemmt werden. Daraus resultiert eine stimmungsaufhellende Wirkung.

Johanniskraut steigert die nächtliche Ausschüttung von Melatonin, ein aus Serotonin gebildetes Hormon mit schlafanstoßender Wirkung, das an einem gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt ist. Hypericin verbessert die Ausnutzung des Lichtes, also die Lichtempfindlichkeit (Fotosensibiltät), was zur stimmungsaufhellenden Wirkung beitragen kann.

Die Aktivität des Entgiftungsenzyms in der Leber (Cytochrom P 450) wird gesteigert, daher ist auf Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu achten (Marcumar, Cyclosporin, Azuvir, usw.). Für Johanniskraut konnte eine Hemmung der 5 für den Arzneimittelumsatz wichtigsten Isoenzyme des Cytochrom P450-Systems nachgewiesen werden. Hyperforinreiche Extrakte führen zu erheblich beschleunigtem Abbau von CYPeA4-verstoffwechselten Wirkstoffen (z. B. Chemotherapeutika).

Durch synerge Effekte des Hypericins und Hyperforins wird die Apoptose maligner Zellen durch Stimulierung der Caspase-Aktivierung induziert. In vitro konnte das Wachstum von Leukämie-, Glioblastom-, Melanom-, Spinaliom-, Gallenblasenkarzinom- und normalen menschlichen Astrozyten gehemmt werden. Hypericin hemmt zudem die Proteinkinase C und kann so zusätzlich wachstumshemmende Wirkung auf Tumorzellen entfalten. Darüber hinaus wurden auch starke antioxidative und zytotoxische Wirkungen auf maligne Zellen beschrieben.

Da Hypericin sich an krebsartigen Zellen sammelt, wird es als Indikator und Fotosensibilisator für Krebszellen eingesetzt. Bei der Bestrahlung mit einem bestimmten Lichtspektrum bildet der Fotosensibilisator Sauerstoffradikale, welche die Krebszellen abtöten können.

Spezielle Extrakte werden bei Alzheimer getestet.

Klinische und präklinische Daten deuten zunehmend darauf hin, dass entzündliche Prozesse an der Pathophysiologie der Depression beteiligt sein könnten. Zumindest bei einem Teil der depressiven Patienten werden erhöhte Spiegel von Entzündungsmediatoren beschrieben, umgekehrt ist bekannt, dass ein IFN-α-induzierter Anstieg von TNF-α und IL-6 depressive Symptome auslösen kann. Psychischer Stress wiederum ist nicht nur als Auslöser depressiver Symptome bekannt, sondern auch einer verringerten antioxidativen Kapazität, wie sie auch mit Entzündungen assoziiert ist.

Aufgrund der entzündungshemmenden Eigenschaften von Johanniskrautextrakten, die auch in vivo gezeigt wurden, erscheint es plausibel, dass diese nicht nur bei Anwendung als Externum, sondern auch in der Therapie von Depressionen eine Rolle spielen, die bislang möglicherweise unterschätzt wurde.

johanniskraut

Zubereitungsformen:

  • Als Teekur (das ganze Kraut) 2 bis 3 Monate trinken. Nicht kochen (sonst geht Hypericin verloren), bei 60° ziehen lassen.
  • Um Öl herzustellen, die Blüten in Olivenöl 6 Wochen in der Sonne ziehen lassen, filtern, dann aber aus der Sonne entfernen.

Fertigpräparate: Aristo 350 Hartkapseln, Esbericum, Jarsin 300, Kytta Modal Hartkapseln, Laif 600, Neuroplant


Quellen:

  • Doris Grappendorf,
  • Schilcher et al., Leitfaden Phytotherapie
  • Mayer et al., Handbuch der Klosterheilkunde
  • Susanne Fischer-Rizzi, Medizin der Erde
  • Stosiek N. Johanniskraut in der Onkologie. Zeitschrift für Phytotherapie 2013; 34: 116-120
  • Musselmann B et al., Stellenwert von Johanniskrautextrakt in der hausärztlichen Depressionstherapie, Eine nicht interventionelle Studie. MMW-Fortschr. Med. Originalien IV/2011 (153. Jg).
  • Zeitschrift für Phytotheapie 2014; 35: 289-291, Forum

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